Zu einem besonderen Vortrag hatte der Förderkreis Stadtmuseum und Denkmalpflege auf die Museumsinsel eingeladen.
Da die Insel des Vereines selbst im Überschwemmungsbereich der fränkischen Saale liegt, war sie der richtige Ort um sich über Hochwasserereignisse und Wüstungsprozesse zu informieren.
Mit Wolfgang Sobtzick aus Euerdorf konnte der Verein einen Fachmann für das Referat gewinnen. Herr Sobtzick hat Geographie, Soziologie und Germanistik studiert und seine Magisterarbeit unter dem Titel „Hochwasserrisiko – Entstehung, Wahrnehmung und Reaktionen am Beispiel der Fränkischen Saale unter Einbezug ausgewählter Anrainerorte“ geschrieben.
Zahlreiche Besucher, nicht zuletzt auch fast alle Mühlenbesitzer der Umgebung, verfolgten die Ausführungen, die hier in verkürzter Form von Herrn Sobtzick wiedergegeben werden:
Historische Hochwasserereignisse und Wüstungsprozesse an der Fränkischen Saale
Regelmäßig kommt es an der Fränkischen Saale zu größeren Hochwasserereignissen, deren Gefahrenpotential jedoch durch zunehmende Schutzmaßnahmen und verbesserte Information stetig sinkt. Sie sind heutzutage meist eher ein vorübergehendes Ärgernis, denn eine wirkliche Katastrophe. Vor nicht allzu langer Zeit war das jedoch noch anders. Im Gegensatz zur Gegenwart war der Fluss Jahrhunderte lang eine bedeutende Lebensgrundlage der hier lebenden Menschen, die sich entsprechend ufernah ansiedeln mussten. So ist es auch noch nicht lange her, dass ein Hochwasser auch an der Saale Leben und Existenzen vernichten konnte. Nicht nur das, es spricht vieles dafür, dass Hochwasserereignisse im Mittelalter auch Einfluss auf das heute herrschende Siedlungsbild entlang der Fränkischen Saale genommen haben.
Doch erschöpfen sich die Kenntnisse über das Abflussverhalten des Flusses mit der zeitlichen Distanz, schriftliche Quellen, die auf Hochwasserereignisse entlang des 136 km langen Flusses hinweisen, existieren erst seit dem 16. Jh. Dennoch kann aufgrund bekannter Veränderungen im 2700 km² großen Einzugsgebiet und historischer Klimaänderungen auf historische Veränderungen des Jahresabflusses der Fränkischen Saale geschlossen werden. Hinzu kommen die zu berücksichtigenden Maßnahmen am Flusslauf innerhalb der vergangenen 150 Jahre wie etwa Begradigungen und Uferbefestigungen, welche die Flusssohle vertieft haben und zu einem schnelleren Abfluss der Hochwasser führen. Im Frühmittelalter war der Abfluss im Jahresverlauf durch eine stärkere Bewaldung mutmaßlich ausgeglichener als heute, die Wassermenge aufgrund feuchteren Klimas insgesamt höher. Im Hochmittelalter änderte sich das Erscheinungsbild des Einzugsgebietes massiv, in Folge eines starken Bevölkerungswachstums reduzierte sich der Waldanteil in der Region auf bis zu 15%, womit sich der Niederschlagsrückhalt durch die Vegetation verminderte. Zudem kam es in der ersten Hälfte des 14. Jh. zu einer Periode feuchter Jahre mit Starkregenereignissen, so dass hier häufig von einer starken Wasserführung der Fränkischen Saale auszugehen ist. Da jedoch örtliche Quellen bis ins 16. Jh. keine Überschwemmungen erwähnen, müssen auch Berichte aus benachbarten Flusssystemen als Herleitung des historischen Hochwassergeschehens an der Fränkischen Saale herangezogen werden.
Es spricht vieles dafür, dass historische Hochwasserereignisse auch entlang der Saale zu einschneidenden Entwicklungen geführt haben. So finden sich entlang des Flusses Siedlungsplätze, deren Wüstfallen im Mittelalter mit Hochwassern in Verbindung gebracht werden können.
1002 und 1086 n. Chr. wird von Hochwassern in Meiningen und Fulda berichtet. Aus demselben Zeitraum stammen Flusssedimente, die archäologische Funde aus den Wüstungen Mühlstatt und Bincenhausen bei Salz überdecken. Es ist nahe liegend, dass diese Siedlungen aufgrund dieser Ereignisse verlassen wurden. Auch bei Langendorf liegen drei flussnahe Wüstungen aus dieser Zeit. Der dortige Wüstungsprozess kann mit Salz verglichen werden.
Die insgesamt recht niederschlagsreiche erste Hälfte des 14. Jh. wartete mit etlichen schwereren Hochwässern auf, die sich insbesondere in den Sommermonaten niederschlugen. Von Werra und Main sind Hochwasserereignisse in den Jahren 1306, 1310 und 1316 bekannt. Im Juli 1342 kam es dann nach dreitägigem Starkregen zur größten Hochwasserkatastrophe der vergangenen 1000 Jahre – dem Magdalenenhochwasser. Insbesondere Franken war hiervon betroffen. Nur ein Jahr später, 1343, ereignete sich zur gleichen Jahreszeit wiederum ein schweres Hochwasser. Entlang der Fränkischen Saale wurden in dieser Periode großer Überschwemmungen mit Stupfels, Lollbach und Eiringshausen zwischen Bad Kissingen und Euerdorf, sowie Metal bei Elfershausen mehrere Ortschaften verlassen. Auch das wiederbesiedelte Bincenhausen bei Salz wurde in dieser Zeit erneut aufgegeben. Auch wenn starke Überschwemmungsereignisse nicht der alleinige Grund für die genannten Wüstungsprozesse gewesen sein müssen, so ist doch ersichtlich, dass die teilweise alten und günstig gelegenen Siedlungsplätze auch aufgrund der Hochwassererfahrung nicht erneut bebaut wurden. So ist es auch zu erklären, dass das Tal der Fränkischen Saale zwischen Bad Kissingen und Euerdorf seit dem 14. Jh. unbesiedelt geblieben ist.